Mittwoch, 29. Juni 2016

Haus- / Wohnungssuche in Yangon: Leicht gemacht? Denkste!



Zur Abwechslung mal ein Eintrag auf Deutsch…

Gerne widmen wir ein paar Zeilen der Haus- und Wohnungssuche hier in Yangon. Wer denkt, es sei einfach und vor allem erst noch billig, ein Haus / eine Wohnung in Yangon zu finden, das / die sogar noch den lang erträumten Wünschen entspricht, der hat weit gefehlt! Es ist erstens ein nie endender Marathon, zweitens wird man andauernd unter Druck gesetzt („bis in zwei Stunden müsst ihr euch entscheiden“) und drittens muss man eine riesige Summe flüssiges Geld auf der Seite haben. 

Nach einigen Wochen im Guesthouse (Ankunft am 6.4.) waren wir vor einem Monat (am 28.5.) endlich soweit, dass wir in unsere eigenen vier Wände einziehen konnten. Diese Geschichte hier erzählt davon, was wir auf der Suche und bei der schlussendlichen Zusage alles erlebt haben.

Schritt eins: Man erwähnt mal so nebenbei einem Myanmari Bekannten, dass man auf der Suche nach einem Haus oder einer Wohnung sei. Dann dauert es keine Sekunde und der Myanmari Bekannte hat bereits jemanden am Telefon, der / die jemanden mit einem tollen Angebot kennt.

Schritt zwei: Man vereinbart einen Termin zusammen mit diesem Bekannten und der unbekannten Person am Telefon. Man stimmt überein, dass man lediglich 3 Häuser / Wohnungen anschauen geht und legt in etwa die Erwartungen fest.

Schritt drei: Zum vereinbarten Termin nimmt der Bekannte einem im Taxi mit zur unbekannten Person vom Telefon. Diese Person (meistens eine Frau) hat in der Zwischenzeit auch jemanden kontaktiert, meistens eine Maklerin (auch wieder eine Frau). Man fährt also mit dem Taxi eine Schlaufe durchs Quartier, bis alle Frauen ebenfalls im engen Taxi sitzen und freudig auf Myanmar miteinander plaudern und die beiden Ausländer mustern. :-)


 Man sieht schöne Häuser (natürlich IMMER hinter Gittern) ...

 ... und weniger schöne Häuser...

... und Wohnungen in Wohnblocks.


Schritt vier: Man fährt tatsächlich zum ersten der vereinbarten Häuser / Wohnungen und erkundet dieses. Meistens öffnet bei dieser Unterkunft ebenfalls wieder eine Frau die Tür, manchmal sind’s aber auch die Besitzer (die Männer), die persönlich anwesend sind. Man schaut sich die ganze Unterkunft an. Und fast immer findet man noch vielerlei Reparaturmöglichkeiten. Selbstverständlich wird einem bei jedem Detail versprochen, dass es natürlich geflickt würde, würde man sich für eine Zusage entscheiden. Dann könnte man etwas Miete vorschiessen und die Reparaturen wären innerhalb eines Tages gemacht, plus auch alles geputzt. Man fragt sich insgeheim, wie gut denn da geflickt und geputzt würde, wenn sie nur einen einzigen Tag dafür aufwenden würden. Aber so weit so gut…

 Wenn die Mietobjekte möbliert sind, dann ist dies ein typischer Anblick eines Wohnzimmers.

 Nach Myanmar-Verhältnissen ein ganz passables Bad. Für uns halt doch eher weniger das, was wir uns vergestellt hätten. Das Becken links ist die "Dusche". Dort kann man Wasser in Eimern rausschöpfen und sich dann so waschen. 

Dies ist eine Küche ohne jegliche Einrichtungen. In etwa so sehen die Küchen im Durchschnitt aus.



Schritt fünf: Nachdem man alles besichtigt und über die Mängel diskutiert hat, beginnt das Verhandeln. Hat man kein wirkliches Interesse, fragt man anstandshalber doch noch nach dem Preis und äussert ein paar Komplimente. Man verspricht auch, dass man sich wieder meldet (was man dann aber nie tut). Hat man wirkliches Interesse am Haus / an der Wohnung, kann man dies den drei (bis fünf) Frauen mit Kopfnicken und Zuzwinkern mitteilen und sie beginnen mit sehr professionellem Verhandeln mit dem Besitzer und / oder seiner Vermittlerin. Es kommt nämlich oft vor, dass der Besitzer selber nicht anwesend ist, sondern ebenfalls eine Maklerin angeheuert hat, die sein Haus erfolgreich vermittelt. Die beiden Parteien beginnen also zu verhandeln über Preise, Reparaturen, extra Möbel, Kühlschrank, Waschmaschine usw. Und sollte es soweit kommen, dass man sich einigen könnte, dann hat man meistens nur eine Bedenkzeit von einigen wenigen Stunden. Denn schliesslich wollen noch weitere interessierte Mieter das Haus / die Wohnung anschauen kommen und es gilt schlicht und einfach das Prinzip vom „dr Ender isch dr Gschwinder“. Wer also zuerst zusagt und gerade auch Geld übergibt, der gewinnt. Und wenn wir als auskundschaftende Mieter sogar ein derart grosses Interesse an diesem Mietobjekt hätten, dass wir kein Ein-Anderer-Schnappt’s-Uns-Weg-Risiko eingehen wollen, dann können wir dem Besitzer bzw. seiner Maklerin bereits etwas Bargeld in die Hand drücken. Auf diese Weise darf er bzw. die Maklerin in den kommenden Stunden das Haus / die Wohnung keinem weiteren interessierten Mieter mehr zeigen. Wir können es also vorübergehend für uns reservieren.

Zwischenhinweis: Alle Beteiligten sind sehr daran interessiert, dass es zu einer Zusage für die Miete kommt. Denn, auf beiden Seiten erhalten die Maklerinnen eine Monatsmiete „Lohn“. Die Mieter (also wir) bezahlen eine zusätzliche Monatsmiete unserer Maklerin. Der Vermieter bezahlt eine Monatsmiete seiner Maklerin. Somit sind also auch die verhandelnden Zwischenparteien sehr an einem Vertragsabschluss interessiert und geben ihr Bestes beim Verhandeln.
 

Verhandlungen sind am Laufen... Wir stehen nur daneben und schauen gespannt zu. Verstehen tun wir eh nix. Ab und zu schnappen wir ein paar Zahlen auf, die wir inzwischen gelernt haben. Aber wir sind ziemlich sicher, dass zu unserem Besten diskutiert wird.



Schritt sechs: Meistens ist man nicht hin und weg vom Mietobjekt und beschliesst daher, noch weitere Mietobjekte anschauen zu gehen. Natürlich weiss man nun, dass man nur wenige Stunden Bedenkzeit hat, was einen gewissen Druck aufsetzt. Man traut sich nicht einmal mehr, etwas essen zu gehen, weil man sonst weniger Wohnungen / Häuser anschauen kann in der Zwischenzeit. Man fährt also gleich weiter zum nächsten vereinbarten Mietobjekt und spielt das gleiche Spiel nochmals durch.
So werden aus den drei vereinbarten Häusern schnell mal acht oder mehr, die man abklappern geht. Und ist man am Ende des Tages von keinem Mietobjekt vollkommen überzeugt, dann geht man einfach heim und sagt niemandem Bescheid. Kein Bescheid heisst, dass man nicht interessiert ist. Wenn man tatsächlich interessiert ist, dann darf man die Funkstille nicht zu lange andauern lassen.

Übrigens, was bisher noch völlig unerwähnt blieb: Wenn man sich ganz viel Ärger im Alltag ersparen will, dann sucht man sich besser eine Bleibe in der Nähe des Arbeitsplatzes. Denn der Verkehr ist arg! Eine kurze Distanz kann für einen Vierräder schnell mal zu einem anderthalbstündigen Vergnügen im Stau werden. Zweiräder sind (leider) nur nicht-motorisiert erlaubt; also Fahrräder, keine Motorfahrräder oder Roller. Und ganz ehrlich: Nur die Wahnsinnigen oder die Kaltblüter wollen bei z.T. über 40° C oder bei monsunartigen Regenfällen eine lange Distanz mit dem Fahrrad zurücklegen!

Schritt dreihundertelf: Endlich haben wir etwas gefunden, das uns gefällt. Leider ist es nicht ganz das, was man sich erträumt hat. Aber es ist gut. Und die Erwartungen wurden mit den vielen Besichtigungen drastisch gesenkt. Jetzt ist es also soweit, dass die Maklerin zum Telefon greift und den Besitzer der auserkorenen Wohnung anruft. In unserem Fall war dies zum ersten Mal eine BesitzerIN. Die Maklerin ruft also die Besitzerin namens Thuzar an und teilt ihr mit, dass wir die Wohnung nehmen würden, wenn sie den Preis nochmals reduzieren könnte. Nach einigem Hin und Her einigt man sich also auf einem nochmals reduzierten Mietzins: 14‘500 Kyats pro Monat (ca. 1‘250 CHF). Jetzt ist es aber notwendig, dass man SOFORT zur Besitzerin fährt und ihr einen beliebigen Betrag Bargeld überreicht, um zu „reservieren“.
 

Wir haben uns für die Wohnung im elften Stock entschieden. Sofort ruft die Maklerin die Besitzerin an und verhandelt noch eine letzte Mietzinsreduktion.



Schritt dreihundertundzwölf: Man steigt also wieder ins Taxi mit allen anderen Frauen und fährt zur erlesenen Wohnung, wo die Besitzerin bereits freudig wartet. Diese Besitzerin Thuzar hat keine Maklerin angeheuert, weil sie das Geld vermutlich sparen wollte. Wir sitzen also alle zusammen  auf die Sofas und sprechen unsere Freude aus. Wir übergeben ihr all unser mitgebrachtes Bargeld (100‘000 Kyats, ca. 85 CHF) um ihr unsere Zusage zuzusichern. Wir vereinbaren, am nächsten Morgen gleich wieder zu kommen mit der ersten Monatsrate. Eigentlich hätte sie gerne die gesamte Jahresmiete direkt auf die Hand erhalten, wie das so üblich zu sein scheint hier in Myanmar. Aber da mussten wir sie leider enttäuschen. Wir erklärten ihr, dass wir so schnell nicht an so viel Bargeld kämen, weil wir nur limitiert Geld beziehen können im Ausland. Zum Glück hat sie’s verstanden und eingewilligt, dass wir vorerst mal nur eine oder zwei Monatsraten zahlen würden.
 

Diskussionen rund um die Wohnung, den Mietvertrag, Mängel etc. mit der Besitzerin.



Schritt dreihundertunddreizehn: Wir gehen direkt zum nächsten Geldautomaten und beziehen so viel Bargeld wie nur möglich, bis alle unsere fünf Karten kein Geld mehr rausgeben wollen. Wir haben uns entschieden, ihr gleich zwei Monatsmieten zu geben, damit wir für den Rest etwas mehr Zeit haben. Denn wir befürchten, dass der Geldtransfer von der Schweiz nach Myanmar etwas kompliziert werden könnte… zurecht!

Schritt dreihundertundvierzehn: Am nächsten Morgen klingeln wir wieder bei Thuzar, unserer zukünftigen Wohnung. Unsere Maklerin sowie unsere Myanmar Bekannte sind natürlich auch wieder dabei, schliesslich dienen sie einerseits als Zeugen und erhalten andererseits auch ihren Anteil. (Welchen Anteil unsere Bekannte von unserer Maklerin erhält, ist für uns schleierhaft. Aber ziemlich sicher geht sie nicht leer aus.) Zusätzlich musste auch Thuzar einen Zeugen organisieren. Hier läuft immer alles nur mit Zeugen. Das ist das A und O in Myanmar. Und das ist eigentlich ganz gut so. Denn der Zeuge von Thuzar ist unser zukünftiger Nachbar Lin, der sehr gut Englisch spricht und uns ganz viele Dinge erklären kann. Wir legen also die 29‘000 Kyats Bargeld auf den Tisch, man diskutiert über den Text im Mietvertrag, über zu behebende Mängel, über Erwartungen und Pflichten und und und. Nach diesen zwei Stunden Gespräch unterschreiben wir alle einen ersten Vor-Vertrag. Den richtigen Jahresvertrag gibt es dann erst, wenn wir die gesamte Jahresmiete bar überbracht haben.

Schritt dreihundertundfünfzehn: Wir organisieren uns neue Schlösser. Denn die Schlösser müssen wir selber mitbringen, damit die Besitzerin und die Vormieter nicht mehr eintreten können. Das ist immer so. Man geht also im Supermarkt ganz massive Made-In-China-Schlösser kaufen, die man vor der Tür ans Sicherungsgitter hängen kann.
 

Vor jeder Wohnungstür hat es solche Schiebegitter. Und an diese hängt man die neuen Schlösser. Schlussendlich hat man also mindestens drei Wohnungsschlüssel pro Person: einen Schlüssel für die Wohnungstür und zwei Schlüssel für zwei Schlösser am Schiebegitter.



Schritt dreihundertundsechzehn: Man erkundigt sich bei der Bank, wie man vorgehen muss, um ein Konto zu eröffnen. Gar nicht so einfach, denn nur wenige Banken-Niederlassungen dürfen für Ausländer Konti eröffnen, und dann gibt es natürlich viele Vorschriften.

Schritt dreihundertundsiebzehn: Wir organisieren die notwendigen Dokumente, wie z.B. auch eine Arbeitsvertragsbestätigung (zur Absicherung, dass wir Einkommen haben und keine Schulden generieren werden).

Schritt dreihundertundachzehn: Wir bringen alles zur Bank. Die fleissigen Bienen arbeiten 90 Minuten und übergeben uns danach zwei fixfertige Bankkonti (eines für USD, eines für Kyats), die Unterlagen fürs online-banking, das mobile-App fürs Smartphone-banking und zwei Cheque-Books. Nicht schlecht! Aber: es gibt keine ATM-Karten für Ausländer. Wenn wir Bargeld wollen, müssen wir ab jetzt immer zu dieser Bankniederlassung gehen und das Bargeld am Schalter beziehen…

Schritt dreihundertundneunzehn: Zuhause machen wir eine erste Testüberweisung von der Schweiz nach Myanmar. Nach drei Tagen ist das Geld da. Wunderbar. Somit geben wir nun jetzt einen richtig grossen Transfer in Auftrag, damit wir unsere Jahresmiete zahlen können. Und los geht’s! Nach fünf Tagen ruft uns die Bank an und fragt, warum so eine grosse Überweisung eingetroffen sei (so quasi, ob dies aus legalen Handlungen entspringe)? Nach gewissen Erklärungen ist alles gut.

Schritt dreihundertundzwanzig: Wir gehen mit Rucksack und Tasche zur Bank. Dort geben sie uns – ohne mit der Wimper zu zucken – einen Bargeldbetrag von über 15 Millionen Kyats. Sie entschuldigen sich dafür, dass sie nur kleine Noten haben, nämlich 1‘000er-Noten. Wir erhalten also einen riesigen Stapel Bargeld. Während wir uns etwas komisch fühlen, so viel Geld in der Hand zu halten und aus der Bank zu tragen, kümmert dies die wartenden Kunden hinter uns wenig. Anscheinend sieht man dies hier andauernd, was eigentlich auch kein Wunder ist bei solchen Mietbeträgen und solch kleinen Banknoten.

Schritt dreihunderteinundzwanzig: Wir machen natürlich tonnenweise Fotos mit dem vielen Bargeld!!
 



Wer hatte schon mal 15 Millionen in cash?! 



Schritt dreihundertzweiundzwanzig: Die Besitzerin Thuzar kommt in die (inzwischen von uns bezogenen) Wohnung. Auch unsere Maklerin erscheint. Wieder tauschen wir erfreute Worte aus, übergeben die Unmenge von Geld, unterschreiben den Jahresvertrag und verabschieden uns wieder.

SO EINFACH GEHT DAS!

Sollten wir uns entscheiden, in einem Jahr die Bleibe zu wechseln, beginnt das Spiel wieder von vorne. Und von den Schritten eins bis tausend beim Putzen und Einrichten der Wohnung war bisher noch gar nicht die Rede… Aber: Wir haben jetzt erst mal eine eigene, angenehme Unterkunft und sogar ein Gästezimmer. Es sind also alle herzlich willkommen, bei uns vorbeizukommen! :-)
 

Unser Wohnzimmer beim Einzug... erst mal müssen wir die Wohnung putzen und dann einrichten... Aber immerhin haben wir jetzt unsere eigenen vier Wände :-)