Zur Abwechslung mal ein Eintrag auf Deutsch…
Gerne widmen wir ein paar Zeilen der Haus- und Wohnungssuche
hier in Yangon. Wer denkt, es sei einfach und vor allem erst noch billig, ein
Haus / eine Wohnung in Yangon zu finden, das / die sogar noch den lang
erträumten Wünschen entspricht, der hat weit gefehlt! Es ist erstens ein nie
endender Marathon, zweitens wird man andauernd unter Druck gesetzt („bis in
zwei Stunden müsst ihr euch entscheiden“) und drittens muss man eine riesige
Summe flüssiges Geld auf der Seite haben.
Nach einigen Wochen im Guesthouse (Ankunft am 6.4.) waren
wir vor einem Monat (am 28.5.) endlich soweit, dass wir in unsere eigenen vier
Wände einziehen konnten. Diese Geschichte hier erzählt davon, was wir auf der
Suche und bei der schlussendlichen Zusage alles erlebt haben.
Schritt eins: Man erwähnt mal so nebenbei einem Myanmari
Bekannten, dass man auf der Suche nach einem Haus oder einer Wohnung sei. Dann
dauert es keine Sekunde und der Myanmari Bekannte hat bereits jemanden am
Telefon, der / die jemanden mit einem tollen Angebot kennt.
Schritt zwei: Man vereinbart einen Termin zusammen mit
diesem Bekannten und der unbekannten Person am Telefon. Man stimmt überein,
dass man lediglich 3 Häuser / Wohnungen anschauen geht und legt in etwa die
Erwartungen fest.
Schritt drei: Zum vereinbarten Termin nimmt der Bekannte
einem im Taxi mit zur unbekannten Person vom Telefon. Diese Person (meistens
eine Frau) hat in der Zwischenzeit auch jemanden kontaktiert, meistens eine
Maklerin (auch wieder eine Frau). Man fährt also mit dem Taxi eine Schlaufe
durchs Quartier, bis alle Frauen ebenfalls im engen Taxi sitzen und freudig auf
Myanmar miteinander plaudern und die beiden Ausländer mustern. :-)
Man sieht schöne Häuser (natürlich IMMER hinter Gittern) ...
... und weniger schöne Häuser...
... und Wohnungen in Wohnblocks.
Schritt vier: Man fährt tatsächlich zum ersten der
vereinbarten Häuser / Wohnungen und erkundet dieses. Meistens öffnet bei dieser
Unterkunft ebenfalls wieder eine Frau die Tür, manchmal sind’s aber auch die
Besitzer (die Männer), die persönlich anwesend sind. Man schaut sich die ganze
Unterkunft an. Und fast immer findet man noch vielerlei Reparaturmöglichkeiten.
Selbstverständlich wird einem bei jedem Detail versprochen, dass es natürlich
geflickt würde, würde man sich für eine Zusage entscheiden. Dann könnte man
etwas Miete vorschiessen und die Reparaturen wären innerhalb eines Tages
gemacht, plus auch alles geputzt. Man fragt sich insgeheim, wie gut denn da
geflickt und geputzt würde, wenn sie nur einen einzigen Tag dafür aufwenden
würden. Aber so weit so gut…
Wenn die Mietobjekte möbliert sind, dann ist dies ein typischer Anblick eines Wohnzimmers.
Nach Myanmar-Verhältnissen ein ganz passables Bad. Für uns halt doch eher weniger das, was wir uns vergestellt hätten. Das Becken links ist die "Dusche". Dort kann man Wasser in Eimern rausschöpfen und sich dann so waschen.
Dies ist eine Küche ohne jegliche Einrichtungen. In etwa so sehen die Küchen im Durchschnitt aus.
Schritt fünf: Nachdem man alles besichtigt und über die Mängel
diskutiert hat, beginnt das Verhandeln. Hat man kein wirkliches Interesse,
fragt man anstandshalber doch noch nach dem Preis und äussert ein paar
Komplimente. Man verspricht auch, dass man sich wieder meldet (was man dann
aber nie tut). Hat man wirkliches Interesse am Haus / an der Wohnung, kann man
dies den drei (bis fünf) Frauen mit Kopfnicken und Zuzwinkern mitteilen und sie
beginnen mit sehr professionellem Verhandeln mit dem Besitzer und / oder seiner
Vermittlerin. Es kommt nämlich oft vor, dass der Besitzer selber nicht anwesend
ist, sondern ebenfalls eine Maklerin angeheuert hat, die sein Haus erfolgreich vermittelt.
Die beiden Parteien beginnen also zu verhandeln über Preise, Reparaturen, extra
Möbel, Kühlschrank, Waschmaschine usw. Und sollte es soweit kommen, dass man
sich einigen könnte, dann hat man meistens nur eine Bedenkzeit von einigen
wenigen Stunden. Denn schliesslich wollen noch weitere interessierte Mieter das
Haus / die Wohnung anschauen kommen und es gilt schlicht und einfach das Prinzip
vom „dr Ender isch dr Gschwinder“. Wer also zuerst zusagt und gerade auch Geld
übergibt, der gewinnt. Und wenn wir als auskundschaftende Mieter sogar ein
derart grosses Interesse an diesem Mietobjekt hätten, dass wir kein Ein-Anderer-Schnappt’s-Uns-Weg-Risiko
eingehen wollen, dann können wir dem Besitzer bzw. seiner Maklerin bereits
etwas Bargeld in die Hand drücken. Auf diese Weise darf er bzw. die Maklerin in
den kommenden Stunden das Haus / die Wohnung keinem weiteren interessierten
Mieter mehr zeigen. Wir können es also vorübergehend für uns reservieren.
Zwischenhinweis: Alle Beteiligten sind sehr daran
interessiert, dass es zu einer Zusage für die Miete kommt. Denn, auf beiden
Seiten erhalten die Maklerinnen eine Monatsmiete „Lohn“. Die Mieter (also wir)
bezahlen eine zusätzliche Monatsmiete unserer Maklerin. Der Vermieter bezahlt
eine Monatsmiete seiner Maklerin. Somit sind also auch die verhandelnden
Zwischenparteien sehr an einem Vertragsabschluss interessiert und geben ihr Bestes
beim Verhandeln.
Verhandlungen sind am Laufen... Wir stehen nur daneben und schauen gespannt zu. Verstehen tun wir eh nix. Ab und zu schnappen wir ein paar Zahlen auf, die wir inzwischen gelernt haben. Aber wir sind ziemlich sicher, dass zu unserem Besten diskutiert wird.
Schritt sechs: Meistens ist man nicht hin und weg vom
Mietobjekt und beschliesst daher, noch weitere Mietobjekte anschauen zu gehen.
Natürlich weiss man nun, dass man nur wenige Stunden Bedenkzeit hat, was einen
gewissen Druck aufsetzt. Man traut sich nicht einmal mehr, etwas essen zu
gehen, weil man sonst weniger Wohnungen / Häuser anschauen kann in der
Zwischenzeit. Man fährt also gleich weiter zum nächsten vereinbarten Mietobjekt
und spielt das gleiche Spiel nochmals durch.
So werden aus den drei vereinbarten Häusern schnell mal acht
oder mehr, die man abklappern geht. Und ist man am Ende des Tages von keinem
Mietobjekt vollkommen überzeugt, dann geht man einfach heim und sagt niemandem
Bescheid. Kein Bescheid heisst, dass man nicht interessiert ist. Wenn man
tatsächlich interessiert ist, dann darf man die Funkstille nicht zu lange andauern
lassen.
Übrigens, was bisher noch völlig unerwähnt blieb: Wenn man
sich ganz viel Ärger im Alltag ersparen will, dann sucht man sich besser eine
Bleibe in der Nähe des Arbeitsplatzes. Denn der Verkehr ist arg! Eine kurze
Distanz kann für einen Vierräder schnell mal zu einem anderthalbstündigen
Vergnügen im Stau werden. Zweiräder sind (leider) nur nicht-motorisiert
erlaubt; also Fahrräder, keine Motorfahrräder oder Roller. Und ganz ehrlich:
Nur die Wahnsinnigen oder die Kaltblüter wollen bei z.T. über 40° C oder bei
monsunartigen Regenfällen eine lange Distanz mit dem Fahrrad zurücklegen!
Schritt dreihundertelf: Endlich haben wir etwas gefunden,
das uns gefällt. Leider ist es nicht ganz das, was man sich erträumt hat. Aber
es ist gut. Und die Erwartungen wurden mit den vielen Besichtigungen drastisch
gesenkt. Jetzt ist es also soweit, dass die Maklerin zum Telefon greift und den
Besitzer der auserkorenen Wohnung anruft. In unserem Fall war dies zum ersten
Mal eine BesitzerIN. Die Maklerin ruft also die Besitzerin namens Thuzar an und
teilt ihr mit, dass wir die Wohnung nehmen würden, wenn sie den Preis nochmals
reduzieren könnte. Nach einigem Hin und Her einigt man sich also auf einem
nochmals reduzierten Mietzins: 14‘500 Kyats pro Monat (ca. 1‘250 CHF). Jetzt
ist es aber notwendig, dass man SOFORT zur Besitzerin fährt und ihr einen
beliebigen Betrag Bargeld überreicht, um zu „reservieren“.
Wir haben uns für die Wohnung im elften Stock entschieden. Sofort ruft die Maklerin die Besitzerin an und verhandelt noch eine letzte Mietzinsreduktion.
Schritt dreihundertundzwölf: Man steigt also wieder ins Taxi
mit allen anderen Frauen und fährt zur erlesenen Wohnung, wo die Besitzerin
bereits freudig wartet. Diese Besitzerin Thuzar hat keine Maklerin angeheuert,
weil sie das Geld vermutlich sparen wollte. Wir sitzen also alle zusammen auf die Sofas und sprechen unsere Freude aus.
Wir übergeben ihr all unser mitgebrachtes Bargeld (100‘000 Kyats, ca. 85 CHF)
um ihr unsere Zusage zuzusichern. Wir vereinbaren, am nächsten Morgen gleich
wieder zu kommen mit der ersten Monatsrate. Eigentlich hätte sie gerne die
gesamte Jahresmiete direkt auf die Hand erhalten, wie das so üblich zu sein
scheint hier in Myanmar. Aber da mussten wir sie leider enttäuschen. Wir
erklärten ihr, dass wir so schnell nicht an so viel Bargeld kämen, weil wir nur
limitiert Geld beziehen können im Ausland. Zum Glück hat sie’s verstanden und
eingewilligt, dass wir vorerst mal nur eine oder zwei Monatsraten zahlen
würden.
Diskussionen rund um die Wohnung, den Mietvertrag, Mängel etc. mit der Besitzerin.
Schritt dreihundertunddreizehn: Wir gehen direkt zum
nächsten Geldautomaten und beziehen so viel Bargeld wie nur möglich, bis alle
unsere fünf Karten kein Geld mehr rausgeben wollen. Wir haben uns entschieden,
ihr gleich zwei Monatsmieten zu geben, damit wir für den Rest etwas mehr Zeit
haben. Denn wir befürchten, dass der Geldtransfer von der Schweiz nach Myanmar
etwas kompliziert werden könnte… zurecht!
Schritt dreihundertundvierzehn: Am nächsten Morgen klingeln
wir wieder bei Thuzar, unserer zukünftigen Wohnung. Unsere Maklerin sowie
unsere Myanmar Bekannte sind natürlich auch wieder dabei, schliesslich dienen
sie einerseits als Zeugen und erhalten andererseits auch ihren Anteil. (Welchen
Anteil unsere Bekannte von unserer Maklerin erhält, ist für uns schleierhaft. Aber
ziemlich sicher geht sie nicht leer aus.) Zusätzlich musste auch Thuzar einen
Zeugen organisieren. Hier läuft immer alles nur mit Zeugen. Das ist das A und O
in Myanmar. Und das ist eigentlich ganz gut so. Denn der Zeuge von Thuzar ist
unser zukünftiger Nachbar Lin, der sehr gut Englisch spricht und uns ganz viele
Dinge erklären kann. Wir legen also die 29‘000 Kyats Bargeld auf den Tisch, man
diskutiert über den Text im Mietvertrag, über zu behebende Mängel, über
Erwartungen und Pflichten und und und. Nach diesen zwei Stunden Gespräch
unterschreiben wir alle einen ersten Vor-Vertrag. Den richtigen Jahresvertrag
gibt es dann erst, wenn wir die gesamte Jahresmiete bar überbracht haben.
Schritt dreihundertundfünfzehn: Wir organisieren uns neue
Schlösser. Denn die Schlösser müssen wir selber mitbringen, damit die
Besitzerin und die Vormieter nicht mehr eintreten können. Das ist immer so. Man
geht also im Supermarkt ganz massive Made-In-China-Schlösser kaufen, die man
vor der Tür ans Sicherungsgitter hängen kann.
Vor jeder Wohnungstür hat es solche Schiebegitter. Und an diese hängt man die neuen Schlösser. Schlussendlich hat man also mindestens drei Wohnungsschlüssel pro Person: einen Schlüssel für die Wohnungstür und zwei Schlüssel für zwei Schlösser am Schiebegitter.
Schritt dreihundertundsechzehn: Man erkundigt sich bei der
Bank, wie man vorgehen muss, um ein Konto zu eröffnen. Gar nicht so einfach,
denn nur wenige Banken-Niederlassungen dürfen für Ausländer Konti eröffnen, und
dann gibt es natürlich viele Vorschriften.
Schritt dreihundertundsiebzehn: Wir organisieren die notwendigen
Dokumente, wie z.B. auch eine Arbeitsvertragsbestätigung (zur Absicherung, dass
wir Einkommen haben und keine Schulden generieren werden).
Schritt dreihundertundachzehn: Wir bringen alles zur Bank.
Die fleissigen Bienen arbeiten 90 Minuten und übergeben uns danach zwei
fixfertige Bankkonti (eines für USD, eines für Kyats), die Unterlagen fürs
online-banking, das mobile-App fürs Smartphone-banking und zwei Cheque-Books.
Nicht schlecht! Aber: es gibt keine ATM-Karten für Ausländer. Wenn wir Bargeld
wollen, müssen wir ab jetzt immer zu dieser Bankniederlassung gehen und das
Bargeld am Schalter beziehen…
Schritt dreihundertundneunzehn: Zuhause machen wir eine
erste Testüberweisung von der Schweiz nach Myanmar. Nach drei Tagen ist das
Geld da. Wunderbar. Somit geben wir nun jetzt einen richtig grossen Transfer in
Auftrag, damit wir unsere Jahresmiete zahlen können. Und los geht’s! Nach fünf
Tagen ruft uns die Bank an und fragt, warum so eine grosse Überweisung
eingetroffen sei (so quasi, ob dies aus legalen Handlungen entspringe)? Nach
gewissen Erklärungen ist alles gut.
Schritt dreihundertundzwanzig: Wir gehen mit Rucksack und
Tasche zur Bank. Dort geben sie uns – ohne mit der Wimper zu zucken – einen
Bargeldbetrag von über 15 Millionen Kyats. Sie entschuldigen sich dafür, dass
sie nur kleine Noten haben, nämlich 1‘000er-Noten. Wir erhalten also einen
riesigen Stapel Bargeld. Während wir uns etwas komisch fühlen, so viel Geld in
der Hand zu halten und aus der Bank zu tragen, kümmert dies die wartenden
Kunden hinter uns wenig. Anscheinend sieht man dies hier andauernd, was
eigentlich auch kein Wunder ist bei solchen Mietbeträgen und solch kleinen
Banknoten.
Schritt dreihunderteinundzwanzig: Wir machen natürlich
tonnenweise Fotos mit dem vielen Bargeld!!
Wer hatte schon mal 15 Millionen in cash?!
Schritt dreihundertzweiundzwanzig: Die Besitzerin Thuzar
kommt in die (inzwischen von uns bezogenen) Wohnung. Auch unsere Maklerin
erscheint. Wieder tauschen wir erfreute Worte aus, übergeben die Unmenge von
Geld, unterschreiben den Jahresvertrag und verabschieden uns wieder.
SO EINFACH GEHT DAS!
Sollten wir uns entscheiden, in einem Jahr die Bleibe zu
wechseln, beginnt das Spiel wieder von vorne. Und von den Schritten eins bis
tausend beim Putzen und Einrichten der Wohnung war bisher noch gar nicht die
Rede… Aber: Wir haben jetzt erst mal eine eigene, angenehme Unterkunft und
sogar ein Gästezimmer. Es sind also alle herzlich willkommen, bei uns
vorbeizukommen! :-)
Unser Wohnzimmer beim Einzug... erst mal müssen wir die Wohnung putzen und dann einrichten... Aber immerhin haben wir jetzt unsere eigenen vier Wände :-)