Dienstag, 13. März 2012

Lehrerin auf Koh Klang

Nun sind schon fast zwei Wochen vergangen, seit ich auf Koh Klang als freiwillige Lehrerin Stellung bezogen habe. Und die Eindruecke sind gewaltig! Zuerst ein paar Worte zur Region und den Menschen, danach zu meinen Aufgaben und wie ich hier lebe:

Koh Klang ist eigentlich eine Insel, da sie auf drei Seiten ans Meer grenzt und im Norden durch einen Fluss vom Festland abgeschnitten ist. Dennoch wird Koh Klang als Festland betrachtet. Wenn man vom Festland her kommt, muss man Koh Klang durchqueren, um mit einer Auto-Faehre nach Koh Lanta zu gelangen, die Insel, auf der ich die vorherigen paar Wochen verbracht habe.
Koh Klang ist zu 98% muslimisch, demokratisch, sehr laendlich und noch total vom Tourismus verschont, sprich, noch sehr urspruenglich thailaendisch. Dies wiederum heisst, die Leute sprechen kaum Englisch, sind nicht sonderlich wohlhabend, betreiben vorwiegend Landwirtschaft (sehr oft mit Kautschuk-Plantagen) und sind unglaublich gastfreundlich und zuvorkommend. Alles Kaufbare ist zudem um einiges billiger als in den Touristengebieten, Haeuser sind jedoch auch simpler und der Zusammenhalt zwischen den Familien in der Gemeinde ist beeindruckend.  Aufrichtigkeit, Freundlichkeit, Zusammenhalt, Hilfsbereitschaft und Freundschaft werden hier ganz gross geschrieben. Wer hier Probleme verursachen will, ist am falschen Ort. Touristen sind zwar allerherzlichst willkommen, aber die eigenen Werte wollen sie auf keinen Fall aufgeben. D.h. wenn ein reicher Unternehmer in die Region kommt, der Gemeinde viel Geld anbietet um ein grosses Stueck Wald zu roden um einen Golfplatz zu bauen, wird dies wehement abgelehnt. Zum Wohle der Gemeinde und der Natur.

So wird der Kaffee gemacht: Die Bohnen werden zuerst im Zucker gekocht, danach getrocknet. 

 Anschliessend werden die Bohnen zermahlen.

 Ich durfte auch mithelfen, war allerdings nicht so begabt :-)

 Hier bereiten die Frauen eine Suessspeise vor: Kokosnuss, Reis und Zucker werden zermantscht, danach in Bananenblaettern eingewickelt und ueber dem Feuer erwaermt. Echt lecker!



Trotz der Treue zu den eigenen kulturellen Werten sind die Leute hier sehr daran interessiert, die Region weiter zu entwickeln, wohlhabender zu machen und vom nahe gelegenen, pulsierenden Tourismus auf Koh Lanta zu profitieren. Das heisst, sie unternehmen alles, um ihr Schulsystem und die Ausbildungsmoeglichkeiten zu verbessern, versuchen lokale Produkte zu vermarkten und ein/zwei Familienmitglieder zum Arbeiten nach Koh Lanta zu schicken. Somit ist ihr Wissensdurst gewaltig, ganz besonders wenn es um Englisch geht. Fast alle Menschen hier moechten sehr gerne ihr Englisch verbessern, um entweder nach Koh Lanta arbeiten gehen zu koennen, auf dem Markt ihre Ware an Touristen verkaufen zu koennen oder um in der Schule bessere Noten zu erhalten, um spaeter studieren gehen zu koennen. Zudem wollen sich anscheinend im Jahr 2020 viele Suedost-Asiatische Laender zu einer Union zusammenschliessen, in welcher dann Englisch die Korrespondenzsprache sein wird. Somit haben sie gewaltige Hoffnungen in mich, dass ich ihnen in zwei Monaten so viel Englisch wie nur moeglich beibringen kann. Das sind natuerlich riesige Erwartungen, die da an mich gebracht werden, welche ich voraussichtlich gar nicht abdecken kann. Nach ein paar Tagen “kennenlernen” habe ich nun aber zusammen mit den Gemeindevertretern (welche fuer mich verantwortlich sind) und Englischlehrern eine Strategie entwickelt , welche ich in den folgenden sechs Wochen verfolgen will:
Erstens biete ich vier Mal die Woche einen fortlaufenden Englischkurs im Gemeindehaus an, in welchem alle Interessierten Leute teilnehmen koennen, egal von welchem Alter oder Bildungsstand. In diesem Kurs biete ich vorwiegend Anfaenger-Englisch an. Dabei werden viele Woerter gelernt, Spiele gespielt und Gespraeche geuebt.
Zweitens biete ich zwei bis vier Mal die Woche einen fortlaufenden Englischkurs fuer junge Frauen an, die den lokalen Kaffee besser vermarkten moechten. Diese Frauen haben bereits einen Kaffee-Klub und moechten ihre Produkte auch an Touristen verkaufen, sie trauen sich aber nicht, mit Touristen in Kontakt zu treten, weil sie kaum Englisch beherrschen. In diesem Kurs schauen wir die Grundlagen an und ueben vor allem Vokabular, welches sie auf dem Markt benoetigen.
Drittens biete ich zwei bis vier Mal die Woche einen Englischkurs fuer Jugendliche an. Diese Jugendliche befinden sich alle in einer Anti-Drogen-Vereinigung. Diese Vereinigung fuehrt regelmaessig Aktivitaeten fuer Jugendliche durch, um sie zu beschaeftigen und von den Drogen fern zu halten. In den kommenden Wochen will die Vereinigung nun Englisch von mir lernen.
Viertens werde ich den hiesigen Englischlehrern eine Weiterbildung anbieten.  Das Englisch der Englischlehrer laesst leider sehr zu wuenschen uebrig, somit ist es auch nicht erstaunlich, wenn die Schueler nur beschraenkt Englisch erlernen. Ich biete den Lehrern ein dreitaegigesEnglisch-Camp an, zudem koennen sie mich nach Wunsch kontaktieren und mich um Unterstuetzung oder Privatunterricht bitten.
Fuenftens werde ich im April fuer alle sieben Schulen in der Region ebenfalls ein Englisch-Camp anbieten. Von jeder Schule kommen dann die 5.- und 6.-Klaessler zusammen und ich unterrichte ihnen waehrend vier Tagen an je einem halben Tag Englisch.
Mir ist leider nur allzu bewusst, dass ich in diesen zwei Monaten nur sehr wenig ausrichten kann. Dies frustriert mich einerseits ein bisschen, gibt mir andererseits aber auch sehr viel Motivation, in dieser kurzen Zeit alle meine Kraefte einzusetzen. Ich bin also sehr gespannt, wie das alles herauskommen wird.


Mein Empfangskomitee am ersten Tag im Gemeindehaus. 



Wie ich unter meinem Mosquitonetz sitze und eine Unterrichtsstunde vorbereite. 



Auf Kurzbesuch in einer Schule. Links steht mein Dolmetscher und guter Freund Ann, rechts der Schulleiter. 



 Erst kuerzlich hat ein Kulturfestival hier stattgefunden. Da sind wir natuerlich auch hingegangen. Zu Besuch kam noch eine andere freiwillige Lehrerin aus Krabi Stadt, Leah aus Kanada.

 So unterrichte ich im Gemeindezentrum.

Ebenfalls im Gemeindezentrum.

Wieder zu Besuch in einer Schule, wo ich im April ein Englisch-Camp geben werde.


Nun noch ein paar wenige Eindruecke dazu, wie ich hier lebe:
 Ich wohne in einem kleinen Bungalow neben dem Gemeindezentrum, inmitten von Ackerland und Kautschuk-Plantagen. Das Gemeindezentrum ist ein Ort der spontanen Zusammenkunft. Die Uni Esslingen hat dieses Gebaeude gesponsert. HIer treffen sich die Frauen von der Tanz-Vereinigung, um ihre Taenze zu ueben, die Jungs kommen Fussball spielen, die Gemeinde versammelt sich hier zu Besprechungen, oder man kommt einfach mal vorbei um zu schauen, wer da ist und haelt einen Schwatz. Seit ich nun hier wohne, kommen die Leute z.T. auch vorbei, um mir hallo zu sagen und ein paar Saetze Englisch zu ueben (und sich dabei kaputt zu lachen!).  
Beispiel eins:  In der einen Ecke unterrichte ich den Kindern Englisch, in der andern Ecke laeuft Thai-Musik und die Frauen ueben die Taenze.
Beispiel zwei: Ich sitze beim Abendessen im Gemeindezentrum, um mich herum versammelt eine Gruppe von vier Erwachsenen (die mir beim Essen zuschauen). Da kommt ein weiterer Mann hinzu, die Gruppe ruft ihm entgegen: “Hello! How are you?” Er antwortet: “I’m fine. Thank you. And you?” Und dann brechen alle in schallendes Gelaechter aus und reden anschliessend auf Thai auf mich ein, ich verstehe kein Wort, mache Grimassen und dann wird wieder endlos gelacht.
Ich habe hier einen Fiat-Scooter, wohne im Bungalow (wohl behuetet von einem aelteren Ehepaar), trage islam-taugliche Kleider, binde meine Haare immer zusammen, toete pro Tag ca. 30 Muecken, sehe eine Kuhherde am Strand herumrennen, ueberfahre fast eine Schlange, esse Reis zum Fuehstueck, Mittagessen und Abendessen, werde von Schulkindern strahlend empfangen, bezahle pro Woche 33.- Franken fuer Essen und Unterkunft und schuette mir einen Kuebel Wasser ueber den Kopf, wenn ich “duschen” will. Mir gefaellt’s und ich bin gluecklich!! Das ist genau das, was ich gesucht habe!


Die Jungs kommen, um Breakdance zu ueben. 



Die Frauen ueben ihre traditionellen Taenze, die Maenner spielen die Instrumente. 



Mein Bungalow und mein Scooter 



Mein Badezimmer 



Meine Dusche... 



Mein Zimmer, in der Ecke mein Mosquitonetz, das sich wie eine Glocke oder ein Regenschirm aufspannen und aufs Bett stellen laesst. 



Die Aussicht von meinem Bungalow auf das Gemeindezentrum. Das Zentrum ist umgeben von Ackerfeldern, Bewaesserungsbecken und Kautschuk-Plantagen. 

Hinter meinem Bungalow befindet sich ebenfalls ein Bewaesserungsbecken fuer die Landwirtschaftsfelder und die Bungalows.


 
 Meine fantastische Gastmutter. Sie und ihr Mann schauen, dass ich jaaaaa nie Hunger leide, stopfen mich fuersorglich voll, sprechen nur Thai und lachen sehr viel.



Wenn ich frei habe / nehme, fahre ich immer zurueck nach Koh Lanta, um mal wieder ein Bikini und die Haare offen tragen zu koennen :-) , mich mit Freunden zu treffen und auch ab und zu eine Party zu besuchen. Wenn ich dann jeweils auf Koh Lanta bin, arbeite ich fast immer abends im Resort nahmens Where Else, als Kellnerin. Im Gegenzug kann ich gratis wohnen und essen. Auch das gefaellt mir, denn das Team ist sehr lustig, die Gaeste freundlich und die Atmosphaere toll. Und tagsueber kann ich ein bisschen Touristin spielen, das tut auch ganz gut.



Das ist die Faehre, die mich und meinen Scooter nach Koh Lanta und wieder zurueck bringt. 


 Das ist mein Team im Where Else Restaurant. Ganz nette Leute!!


Ich wuensche euch alles Gute und bis bald wieder!

PS: Mein momentaner Plan: Anfangs / Mitte Mai definitiv nach Hause zu kommen. :-)

4 Kommentare:

  1. Hey Lara... Amazing photos!! What you are doing is really cool !!! What a fantastic experience.. I am super impressed with your spirit of adventure :-) Paul

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  2. Liebe Lara
    Das ist wirklich spannend! Du machst etwas Sinnvolles. Du hast freundliche, liebe und lernhungrige Menschen um Dich. Du stellst als "Bildungs-Unternehmerin" ein spannendes Programm auf und unterrichtest ganz unterschiedliche Gruppen. Du nutzest Dein Englisch und lernst sicher auch "en passant" die Sprache Thailands. Dazwischen atmest Du etwas "Touri-Luft" und bist sicher eine effiziente und charmante Kellnerin. Also ein offensichtlich erfülltes Leben! Mach mal weiter so - trotzdem freuen wir uns schon jetzt aufs Wiedersehen. Herzlich grüsst Dein Papa

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  3. Ich bin sehr stolz auf meine Schwester.
    Liebsti Grüess, Christian

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